SCHÖN, DASS ES DICH GIBT

SELBSTWERT UND IDENTITÄTSBILDUNG

Das Stärken des Selbstwertgefühls, das Trainieren gesunder Selbstbehauptung und der Respekt vor der unverletzlichen Würde jedes einzelnen Menschen sind übergeordnete Ziele und Grundlage allen pädagogischen Schaffens in diesem sensiblen Themenbereich.

Einheit 1 legt das Fundament, auf dem alle weiteren Einheiten aufbauen. Die Inhalte dieser ersten Einheit werden in den nachfolgenden Unterrichtslektionen weiter vertieft und fließen in jeden Themenbereich ein.

Die Schülerin/der Schüler kann:

  • Seine Einzigartigkeit wahrnehmen und wertschätzen

  • Seine Persönlichkeit wertschätzend wahrnehmen und beschreiben

  • Erkennen, dass jeder Mensch seinen Platz und bestimmte, individuelle Lebensaufgaben hat und daher unersetzlich ist

  • Die Einzigartigkeit und Würde jedes Mitmenschen erkennen und achten

  • Zu sich selber stehen und seine Meinung auch gegen Widerstand vertreten

MENSCHENWÜRDE ALS GRUNDWERT UND GRUNDLAGE ENTWICKLUNGSSENSIBLER SEXUALPÄDAGOGIK:

Der Mensch ist ein „Zweck an sich“ und darf deshalb nie nur „Mittel zum Zweck“ sein. Das Grundprinzip der Menschenwürde besteht in der Achtung vor dem Anderen. Die Menschenwürde wird daher immer dann verletzt, wenn ein Mensch einen anderen bloß als Mittel für seine eigenen Zwecke benutzt.

In der Sexualpädagogik ist diese Gefahr in zweifacher Weise gegeben: Zum einen, wenn wir den Kindern vermitteln, dass Sexualität und die Lust, die sie bereitet, an die Stelle der Achtung vor dem anderen gestellt werden kann und darf; zum anderen dadurch, dass wir uns als Lehrpersonen hinreißen lassen, nicht entwicklungssensibel zu agieren und unsere Schülerinnen und Schüler zu überfordern.

Wissen ist nie neutral in seiner Wirkung und ohne Rücksicht auf die Entwicklungsstufen und die Auffassungsgabe kann Wissensvermittlung den Adressaten überfordern oder verunsichern, sogar verletzen. Jedes gedachte oder ausgesprochene „Stell Dich nicht so an!“ ist in der Sexualpädagogik unangebracht. Sehr real ist auch die Gefahr des „The squeaky wheel gets the grease.“, d.h. jene Schülerinnen und Schüler bestimmen das Tempo und den Informationsgehalt, die vermeintlich am neugierigsten und schamfreiesten über Sexualität fragen und sprechen.

Ganzheitliche Sexualpädagogik ist aber nicht denkbar ohne den Grundwert der Würde jedes Einzelnen und deshalb müssen wir gerade auch auf die Leisen und Stillen sensibel eingehen: Nicht im Sinne von „aus denen müssen wir etwas herauskitzeln“, sondern von Zurückhaltung üben und aus Respekt heraus weniger sagen. Nur da, wo sich der Mensch wertgeschätzt in seinem eigenen Tempo und seiner eigenen Scham erlebt, wird er sich auch selbst schützen und für sich selber Sorge zu tragen lernen.

Nur wer erfährt, dass er selber geachtet wird, lernt, auch dem Gegenüber mit gesunder Achtung zu begegnen. In einer späteren Entwicklungsstufe können wir dann verinnerlichen, verstehen und umsetzen, dass nur wer sich selber liebt, auch selber liebesfähig ist. Dafür ist es wichtig, die Grundlagen einer späteren selbstreflexiven empathischen Orientierung frühzeitig zu legen.

Aus diesem Grund geht es in der ersten Einheit darum, Schülerinnen und Schülern ihre körperliche und geschlechtliche Einzigartigkeit und ihre Würde bewusst zu machen und daraus abgeleitet, die Würde jedes anderen Menschen.

SELBSTBEWUSSTSEIN STÄRKEN

Schülerinnen und Schüler, die ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln können, schützen sich nachweislich besser vor Übergriffen als ihre unsicheren Mitschülerinnen und Mitschüler. Das trifft allerdings nur zu, wenn sie auch gelernt haben, dieses Selbstbewusstsein sowohl verbal als auch durch ihre Körpersprache zu vermitteln. Selbstbewusstsein zu fördern und Selbstbehauptung zu trainieren ist deshalb ein zentraler Bestandteil von Einheit 1. Eine besondere Betonung muss dabei auf Resilienz, also die seelische Widerstandsfähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen für die Weiterentwicklung zu nutzen, gelegt werden, denn Selbstbewusstsein lässt sich nur erwerben, wenn aus konkreten Erfahrungen gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen werden.

EINE LEBENSAUFGABE ERFÜLLEN

Der Mensch sehnt sich nach Bedeutung, er ist darauf angelegt, Teil eines grösseren Ganzen zu sein und seinen Platz in dieser Welt einzunehmen. Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, dass sie in ihrer Originalität „gebraucht“ werden, ist elementar. Das Bewusstsein, einen nicht austauschbaren Platz in dieser Welt einzunehmen und eine ganz persönliche „Lebensaufgabe“ zu erfüllen, ist zutiefst identitätsstiftend und fließt deshalb in die Arbeitsblätter ein. Dabei wird selbstverständlich darauf geachtet, dass die Fragen und Anregungen altersgemäß sind, denn viele 10- bis 13-Jährige sind noch ausgesprochen kindlich in ihrer Weltwahrnehmung und können nur schrittweise an Konzepte herangeführt werden, die den eigenen Erfahrungshorizont überschreiten.

GANZHEITLICHKEIT

Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass Körper, Gefühle und Denken eine Einheit bilden, schafft die Basis für ein integriertes Verständnis von Geschlechtlichkeit und Sexualität. Nur wo Sexualität gelingend in die Gesamtpersönlichkeit des Menschen eingebettet ist, kann sie langfristig als beglückend und beziehungsfördernd erlebt werden. Wie der renommierte Paartherapeut Ulrich Clement betont: „Sex, der nur Spaß ist, bleibt flach“. Es ist deshalb wichtig, eine Verbindung herzustellen zwischen den körperlichen, seelischen und geistigen Aspekten von Männlichkeit, Weiblichkeit und Sexualität, damit sie für die Kinder konkret verstehbar sind.

IDEEN FÜR DIE UNTERRICHTSGESTALTUNG

Einstieg

Einheit mit Film 1 oder Film 2 Bonus – siehe www.saferchildren.org beginnen, anschließend Einführen und Ausfüllen von ARBEITSBLATT E 1-1.

Steckbrief-Raten

Jede Schülerin und jeder Schüler füllt eine Steckbriefkarte aus. Anschließend werden die Karten eingezogen, gemischt und wieder ausgeteilt. Der Reihe nach liest eine Schülerin oder ein Schüler ihren/seinen Steckbrief vor. Die Mitschülerinnen und Mitschüler raten, zu wem aus der Runde der Steckbrief passt.

Ausfüllen von ARBEITSBLATT E 1-2 und E 1-3

Meine ‚Lebensaufgabe‘ in dieser Welt

Die Schülerinnen und Schüler beschreiben auf einer A4-Seite, welche Zukunftspläne sie haben, was sie im Alltag, in der Familie, in der Schulklasse als ihre Spezialitäten, Beiträge, Aufgaben oder „Jobs“ ansehen.

Alternative

Die Schülerinnen und Schüler bringen einen Gegenstand mit, mit dem sie ihre „Lebensaufgabe“ erfüllen und stellen ihn der Klasse vor. Beispiel: Ein Mädchen träumt davon, Hundetrainerin zu werden oder arbeitet schon mit Hunden und bringt eine Hundeleine, eine Buch über Hunde oder ihren Hund… in den Unterricht mit.

Kurzes Mindmapping 1

„Wer sagt denn hier, wer ‚richtig‘ ist“?Sammeln von „Vorgaben“, die man erfüllen muss, um „in“ zu sein, zu den „Klassenstars“ zu gehören, „dabei“ zu sein, nicht ausgegrenzt zu werden …

Kurzes Mindmapping 2

Was ist das Gute daran, dass Menschen so verschieden sind?
Was magst du an deiner Mama, deinem Papa, deinen Freunden?Wenn schwierig, Fragen stellen wie:
Was magst du an deiner Mama, deinem Papa, deinen Freunden?

Mit wem verbringst du am liebsten Zeit und weshalb? Hinweis auf Ergänzungsbedürftigkeit des Menschen (Gegensätze ziehen sich oft an)

Menschenwürde – meine Position

3-Ecken-Spiel, SPIELERKLÄRUNG E 1-4

Collage Menschenwürde

Projizieren des Ausschnitts aus der „Erklärung der Menschenrechte“.

Auf Blatt abschreiben und mit Bildern, Farben … eine Collage gestalten.Material: festes Papier, Bilder von total unterschiedlichen Menschen zum Ausschneiden und Aufkleben

Fakten zu Jungen und Mädchen: richtig oder falsch?

Anhand des Arbeitsblatts E 1-5 beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit Tendenzen in Eigenschaften und Verhalten von Jungen und Mädchen. LÖSUNGEN E 1-5 Bonus.

Jungen und Mädchen – ganz schön verschieden

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mithilfe des Arbeitsblatts E 1-6 Bonus siehe www.saferchildren.org (Mädchen) und E 1-7 Bonus siehe www.saferchildren.org (Jungen) mit dem Thema „Geschlechtsidentität“ auseinander.