Für Julia* war schon immer klar: Für sie kommt nur ein Mann in Frage, der frei von Pornografie und anderen Abhängigkeiten ist. Ein Mann, der fest im Glauben steht. Dann lernt sie Alex* kennen und lieben. Und alles kommt ganz anders als erwartet… Julias Zeugnis:

Wie alles begann

Ganze 80% der Männer geben an, regelmäßig Pornografie zu konsumieren. Für mich war immer klar, ich brauche einen Mann der frei von diesen weltlichen Dingen ist. Einen Mann, der so stark im Glauben steht, dass er der Macht solcher Medien widerstehen kann. Als ich meinen jetzigen Ehemann kennenlernte, war dies tatsächlich eines der ersten Themen, das ich ansprach. Er versicherte mir, schon seit seiner Jugend nichts mehr mit all dem zu tun zu haben und mich interessierte ehrlich gesagt seine Vergangenheit auch nicht.

Mein Freund war online jedoch noch immer sehr aktiv und spielte regelmäßig Computerspiele. Ihm zuliebe wollte ich es auch ausprobieren. Eines Tages stolperte ich eher zufällig über einen Kanal, auf dem mein Freund höchst perverse Bilder kommentiert und auch selbst Material geteilt hatte. Ich war zutiefst verletzt und stand kurz davor die Beziehung zu beenden. Doch er begann sich zu erklären und versicherte mir, nichts mehr mit all dem zu tun zu haben.

Es folgten viele lange Gespräche, ich wollte ihm vertrauen, hatte aber dennoch immer wieder das Gefühl, er würde mir auch weiterhin Dinge verheimlichen. Ich zwang mich dazu, mein Misstrauen zu verdrängen und war fest entschlossen, ihm wieder zu vertrauen. Die Zeit verging, wir verbrachten wundervolle Momente miteinander, traumhafte Urlaube und schufen so gemeinsam Erinnerungen. Schließlich verlobten wir uns und heirateten ein Jahr später. Alles schien perfekt. Wie konnte ich ahnen, dass nur zwei Wochen später all das in Trümmern liegen sollte?

Der Anfang vom Ende

Wir waren gerade zusammengezogen, ich war allein zuhause und surfte durch’s Internet. Ich ahnte nichts Böses, doch was ich dann sah, ließ alles in mir zerbrechen. Pornografische Bilder von Frauen und Transfrauen, pervers kommentiert von meinem Ehemann. Und das ganz öffentlich, für jeden sichtbar. Der letzte Post war erst ein paar Stunden alt. Ich loggte mich auf seinem Computer ein und was sich dort auftat, waren tiefe Abgründe. Hunderte von Sex-Chats, der Austausch von Bildern und Videos auf fast allen Social Media Plattformen, sogar ein Post, in dem er angab bisexuell zu sein. Natürlich sei er Single…

Ich achtete auch auf die Zeiten der Verläufe. Der super romantische Abend letzten Monat, unsere Flitterwochen, ja sogar der Tag unserer Hochzeit. Der Tag unseres ersten Kusses, der Tag an dem wir so lange über Gott geredet haben und er mir tausendmal sagte, er würde mich lieben, während er parallel mit anderen Sex-Chats führte. Der Tag des Heiratsantrags, alle unsere Urlaube, an jedem einzelnen dieser Tage war er online aktiv in einem seiner Chats. Dutzende. Hunderte. Meine Welt zerbrach erneut.

Nie zuvor hatte ich mich so gedemütigt und verletzt gefühlt. Mein Herz war gebrochen. Was blieb, war der Schmerz, der Verrat, die Lüge, Demütigung und natürlich der Betrug. Wie konnte Gott so etwas zulassen? In mir machten sich Trauer und Wut breit. Wut auf meinen Mann und Wut auf Gott.

Gott ist immer treu

Ich hätte nicht mehr für diese Ehe gekämpft, wenn mein Mann nicht doppelt so hart gekämpft hätte. Zu sehen, wie Gott in ihm wirkte und es noch immer tut, macht mich bis heute stolz. Ich allerdings war zerbrochen und wollte nur noch weg. Ihn weder sehen noch mit ihm sprechen müssen. Doch er gab nicht auf. Ich bekam mit, wie er alles löschte was nur annähernd mit Pornografie zu tun hatte. Chats, Bilder, Videos, Social Media Accounts. In meinem Kopf jedoch war jedes einzelne Bild, jedes Wort, gespeichert. Ich war sicher, all das nie wieder vergessen zu können. Geschriebene Worte wie Messer, die sich immer wieder in mein Herz bohrten.

Was mir erste Hilfe brachte, war eine Online-Selbsthilfegruppe für Frauen, deren Partner unter einer Pornografieabhängigkeit litten. Immerhin war ich nicht alleine mit all dem Schmerz, anderen ging es genau so wie mir. Das war eine erste tröstende Erkenntnis. Es fing also an mit vielen Tränen, vielen Versprechungen, vielen Gesprächen mit meinem Mann. Doch auf jeden Neustart, auf jeden kleinen Erfolg, auf jede geglückte Abstinenz, erfolgte auch sogleich ein weiterer Rückfall. Der Teufelskreis aus Versprechungen, Bemühungen, Rückfällen, Schuldgefühlen, Scham und Trauer nahm seinen Lauf. Ein einfacher Lösungsweg war nicht in Sicht.

Ein neuer Anfang

Wir beschlossen am Ball zu bleiben und das Gespräch offen zu halten. Wir redeten. Über alles und wann immer einer von uns das Bedürfnis danach hatte. Es folgten Rückfälle, viele Rückfälle. Wöchentlich, monatlich, immer wieder. Selbst als wir beinahe zueinander zurück gefunden hatten, das gemeinsame Leben wieder aufgenommen hatten, folgte nach sechs Monaten ein Rückfall. Und wieder fand ich es selbst heraus, erneut hatte mich mein Mann angelogen. Ich war wütend und den Tränen nahe.

Doch dieses Mal nahm die Geschichte einen anderen Verlauf. Anstatt zu verzweifeln oder mich meiner Traurigkeit hinzugeben, wurde ich von einer tiefen Freude ergriffen. Ich war mir plötzlich Gottes Liebe ganz bewusst. Hatte ich diese verdient? Nein. Wie oft in meinem Leben habe ich gelogen? Andere verletzt? Gott verletzt? Und trotzdem war er treu und liebte mich! Ist doch verrückt! Total unverdient. In diesem besonderen Moment nahm ich meinen Mann in den Arm und vergab ihm von ganzem Herzen, ganz ehrlich und aufrichtig.

Ich habe einen Mann mit Millionen Eigenschaften, die ich an ihm liebe. Er kämpft aufrichtig, ist fürsorglich, liebevoll, hilfsbereit, steht immer an meiner Seite, ist stark und scheut sich nicht vor Herausforderungen. Ist er perfekt? Nein. Und ich bin es auch nicht. Wird er es schaffen, nicht mehr rückfällig zu werden? Für immer? Hoffentlich! Aber wenn nicht, dann kämpfen wir weiter. Zusammen, miteinander. Nicht gegeneinander. Wir geben dieser Sünde keinen Raum in unserem Leben, unseren Herzen oder unserer Ehe. Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen uns sein?

Love Is More möchte Menschen, die unter einer Pornografieabhängigkeit leiden sowie ihre Angehörigen unterstützen. Auf unserer Website findest du Links zu Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen für Betroffene, einen kostenlosen Ratgeber, den Kontakt unserer Online Selbsthilfegruppe und vieles mehr. Hilfreiche Literatur zum Thema gibt es in unserem Shop!

*Name von der Redaktion geändert

Bildquelle: ©shutterstock/Antonio Guillem

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